
Kurzgeschichten
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Geistreiche, hintergründige Erzählungen und Kurzgeschichten
Gerlinde Weinmüller
Die Entlarvung des Schmetterlings
Kurzgeschichten |
130 Seiten, 14 x 20,3 cm
€ 15,/sfr 28,
ISBN 978-3-85306-026-1 |
Gerlinde Weinmüller
über ihre Kurzgeschichten |
Mein Buch Die Entlarvung des Schmetterlings ist eine Sammlung
von Kurzgeschichten. Als roter Faden durchzieht alle Geschichten
das Thema Beziehungen im weitesten Sinn. Unvorhersehbare Begebenheiten
durchbrechen und verändern darin den Alltag der handelnden Personen.
Im Titel Die Entlarvung des Schmetterlings wird das exemplarisch
ausgedrückt. Der scheinbar harmlose Alltag, das Zusammenleben von Menschen,
die normale Welt wird plötzlich aufgrund tiefergreifender
Ereignisse und Veränderungen als vielschichtig, undurchschaubar, unbeeinflussbar,
hin und wieder auch als unerträglich und nicht mehr lebbar entlarvt.
Ich möchte in meinen Kurzgeschichten die Spannung zwischen Selbstbestimmung
und Ausgeliefertsein zur Sprache bringen, Konflikte aufzeigen und die LeserInnen
zum Mitleben, Mitdenken und Mitfühlen gewinnen. |
Leseprobe
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Ausgepackt
Es ist kurz vor Weihnachten und das Haus überheizt. Das Innenthermometer
misst 27 Grad. Die Uhren in der Küche und im Wohnzimmer zeigen wie
immer unterschiedliche Zeiten an.
Sie fühlt sich erleichtert. Die Chance ist groß, dass er noch
heuer für immer ausziehen wird. Ihr fällt es im Traum nicht
ein, ihn davon abzuhalten.
Ein Weihnachtsgeschenk hat sie leider schon vorschnell gekauft und in
hellrotes Papier gewickelt. Es ist ein Mantel für die kalten Wochenenden,
an denen er sich mit der anderen trifft. Für meinen lieben
Verräter steht auf dem Geschenksanhänger. Die Hütte
des Verrats steht mitten im Wald.
Sie klebt ein kleines Schaukelpferd oben auf das Paket. Schon seit langem
fühlt sie sich verschaukelt. In die rechte Manteltasche hat sie die
Nagelfeile gesteckt, sein Weihnachtsgeschenk an sie vom letzten Jahr.
Sie hat ihre Nägel kurzgefeilt, so kurz, dass es weh tut.
Er wird es nie lernen zu schenken. Vielleicht bekommt die andere heuer
eine gläserne Christbaumkugel. Sie weiß, er liebt Glas. Sie
denkt an die leeren Bierflaschen. Ihr Keller ist voll davon.
Sie blickt aus dem Fenster. Es schneit. Sie bemerkt erst jetzt, dass er
sein Auto schon vor das Haus gefahren hat. Er hat es eilig.
Sie sieht, dass das Foto auf dem Kaminsims fehlt. Sie erschrickt. Das
nicht, nur das nicht. Auf alles andere kann sie verzichten.
Vorsichtig nimmt sie die Autoschlüssel aus seiner Jackentasche. Der
Schlüsselanhänger fühlt sich kalt an. Sie öffnet die
Türe. Sie weiß, er kann sie nicht hören. Das Schlafzimmer
ist oben und er noch nicht fertig. Sie stapft durch den Schnee zum Auto.
Der Schlüssel liegt jetzt warm in ihrer Hand.
Sie öffnet die Beifahrertüre. Da sitzt er, mit der Feile in
der Brust und dem Kopf zur Seite geneigt. Die Augen geschlossen. Der Blutfleck
ist klein. Er befindet sich in unmittelbarer Herznähe.
Sie ist nicht überrascht. Sie denkt: Jemand hat das Geschenk gefunden
und ausgepackt. Jemand hat gewusst, was zu tun ist.
Sie schließt die Autotüre behutsam. Sie sperrt nicht ab. Den
Schlüssel steckt sie ein.
Sie betrachtet nachdenklich das Haus.
Sie kann die Person im Schlafzimmer nicht erkennen.
Sie wird nachsehen müssen.
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Rezension |
Die Salzburger Nachrichten zu
Gerlinde Weinmüller
Seelenfliegerin …
… Gerlinde Weinmüller ist Mutter von zwei Kindern, AHS-Lehrerin
und Schriftstellerin – nur eines nicht: Ein Superweib à la
Hera Lind
Wer hat nicht schon davon geträumt: Man schreibt ein Buch, schickt
es an 30 Verlage, erntet zwar eine Absage nach der anderen, und dann ist
er plötzlich da der Brief, in dem steht: Wir interessieren
uns für eine Veröffentlichung ... Da hüpft das Herz.
Denn plötzlich ist man Schriftstellerin. Wenngleich auch nur mit
einer bescheidenen Auflage: 600 Stück ihres Gedichtbands Himmel
voller Asphalt gingen über den Ladentisch. Die Zahl 600 verbindet
sie mit Joanne Rowling. Die Harry-Potter-Erfinderin verdient mit jedem
Wort aus ihrer Feder 600 Euro.
Weinmüller erfindet auch. In gewisser Weise sind es auch Märchenfiguren.
Erdachte Charaktere im Spannungsfeld zwischenmenschlicher Beziehungen.
Eine exquisite Auswahl ihrer Kurzgeschichten erscheint nun im Garamond-Verlag
unter dem Titel Die Entlarvung des Schmetterlings. Meist sind
es Frauen, die sie mit unerhörtem Einfühlungsvermögen porträtiert.
Die Anregungen dazu liefert das so genannte richtige Leben. Zeitungsmeldungen
wie etwa die Irrfahrt einer Engländerin, die mit ihrem Auto bis Gibraltar
fuhr und dort erklärte, sie habe einfach keinen Platz zum Umdrehen
gefunden: Für die Mehrzahl der Leser ist das nur unterhaltsam. Weinmüller
fragt sich aber: Was bringt jemand dazu, so etwas zu tun?
So schenkt sie für kurze Zeit einer realen Figur ihre Seele. Das
ist die Zeit der geschlossenen Tür. Da weiß meine Familie,
dass ich Zeit für mich brauche, sagt sie. Diese Seelenflüge
sind ein hartes Stück Arbeit. Weinmüller weiß dabei auch
nie, wohin sie die Reise führt. Manchmal erschrecke ich selbst:
Hoppala, jetzt ist mir der einfach gestorben ...
In der Salzburger Literaturszene hat sie inzwischen einen Namen. Ihre
Lesungen sind blendend besucht. Das macht ihr Mut weiterzumachen. Derzeit
schreibt sie an einem Roman. Erstmals merke ich, dass ich an Grenzen
stoße, gibt sie sich selbstkritisch. Da sie ein ausgesprochener
Familienmensch ist und noch dazu als AHS-Lehrerin arbeitet, fällt
einem Hera Linds Roman Superweibein. Um Gottes Willen,
entfährt es ihr. So schnell gibt sie ihre Seele nicht her ... (Peter
Gnaiger, 21.11.03)
Gerlinde Weinmüller beleuchtet …
… in ihren vielschichtigen
Kurzgeschichten treffsicher und ironisch die verborgenen Motive und
Momente im Leben der Menschen.
Ihre Aufmerksamkeit gilt den überraschenden Wendungen, in denen die scheinbar
glatte Oberfläche der Welt aufbricht und die Dunkelheit menschlicher Existenz
darunter sichtbar wird. Ihre Figuren kämpfen sich durch den Spannungsbereich
zwischen Selbst- und Fremdbestimmung.
Die Autorin schildert darin mit Sympathie, wie sie sich den Konflikten stellen,
die ihr Leben zu untergraben drohen.
www.literatur-report.de/cms
31.5.2006 |

Gerlinde Weinmüller
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Über die Autorin
Gerlinde Weinmüller wurde 1960 in Salzburg geboren. Nach dem Studium
der Germanistik und Theologie unterrichtet sie Deutsch und katholische
Religion am Bundesgymnasium Nonntal. Sie lebt mit ihrem Mann und ihren
beiden Kindern in Niederalm bei Salzburg.
1998 begann sie, mit ihrem literarischen Schaffen an die Öffentlichkeit
zu treten. Sie publizierte in verschiedenen Literaturzeitschriften – z. B. in Salz – und Anthologien und nahm an zahlreichen Lesungen teil.
Im Herbst 2001 erschien ihr erster Gedichtband Himmel voller Asphalt
in der Edition Garamond. In der Anthologie Tauchgänge
im Arovell Verlag, Salzburg, erschienen im Frühling 2003 mehrere
ihrer Kurzgeschichten. Zur Zeit arbeitet Gerlinde Weinmüller an
einem neuen Gedichtband und einem Roman
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Lesungen |
Gerlinde Weinmüller
Lesung im Rahmen der Festveranstaltung
"Salzburg liest. 20 Jahre Literaturhaus Salzburg"
6.10.2011, 20 Uhr
Literaturhaus Salzburg
Strubergasse 23, H.C. ARTMANN-Platz
5020 Salzburg
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Gerlinde Weinmüller
„Das Tor zum achten Himmel“
Lesung
13.10.2011, 20 Uhr
Haus der Musik
Ing. Ludwig Pechstraße 7
5600 St. Johann im Pongau
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Gerlinde Weinmüller
"Mitten ins Schwarze oder ins Licht"
Gemeinsame Lesung mit Peter Reutterer und Brita Steinwendtner
29.11.2011, 20 Uhr
Literaturhaus Salzburg
Strubergasse 23, H.C. ARTMANN-Platz
5020 Salzburg
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